Briefe 2011


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Briefe

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Dear friends, people, we really wish you gonna doing well. Even the world actually doesn't look like. | preface | •••

Freunde, Leute, allen eine gute Zeit, selbst wenn es im großen und ganzen derzeit weniger danach ist.| Vorrede | •••


 

27. Mai 2013 ›Geburtstag‹. ›Glückwunsch‹. Wem nützt die alte Leier heute noch? [ded et al]

[Politisches Versagen ist nicht bloß ein geschwätzger Irrtum]

Lukacs Lasalle


›Die innere Gesetzmäßigkeit der kapitalistischen Ökonomie bestimmt nur die obere und untere Grenze der Mehrarbeit‹, des Stoffs, aus dem der Mehrwert ist.

Viel Spielraum für stellvertretende Vermittler, für immer fettere Karrieren (Kleinreiche, Wohlhabende). Dagegen ist das Märchen vom Tellerwäscher der reinste Kinderkram. Eigentlich ein sehr altes Verfahren: › ut haberet instrumenta servitutis et reges.‹ (… als Werkzeuge unserer Herrschaft auch die Anführer unserer Knechte einzusetzen.‹). Etc. pp.

Dieses Verfahren erhellt ein wenig auch die Sprüche (claims) in meist US-amerikanischer Diktion (occupy … etc.), ein Verfahren durch 150 Jahre SPD signifikant verfeinert, und es erklärt auch das stete, fast spurlose Verschwinden der nämlich neuesten hypes: das Wiedererscheinen des problematischen Prinzips in stets neuer Verkleidung, das moderne Märchen von den neuen Kleidern der Ritter von der traurigen Gestalt. Es verweist, sehr indirekt zwar, auf den ziellosen Weg des ›weg mit‹ jeweils diesem oder jenem akuten Symptom ohne Gretchenfrage; übrigens nicht unpassend: „Wie hälst Du’s mit der Religion?”, dem Prinzip, dem Grund, den Ursachen.

Andererseits durchdringen sich Tagesfragen und Gretchenfrage gegenseitig (die Einzelheit wird Besonderheit). Gretchen ohne Tag ist sozusagen immer umnachtet.

Um es klar auszusprechen: Für die Arbeiter ist es keine Frage von mehr oder weniger Konsum, Arbeitslohn. Das zählt nur in den Grenzen von Lohnarbeit und Kapital. Es kommt, von Extremen abgesehen, nicht so sehr darauf an, wie hoch der Arbeitslohn, sondern daß es überhaupt Arbeitslohn ist – seine Arbeit Mehrarbeit einschließt.

Dem Arbeiter begegnet sein eigenes Arbeitsprodukt nicht bloß als fremdes Eigentum, sondern die Entäußerung seines eigenen menschlichen Wesens tritt ihm als Herrschaft über ihn selbt gegenüber, als Notwendigkeit der – bestehenden – Verhältnisse.

Bis heute hat die Sozialdemokratische Partei – auch die in Deutschland – vor allem Wasser getrocknet. Ihre Stellvertreter, Bonzen, Führer haben sich kaum naß gemacht dabei. Vom Bad im Landwehrkanal einmal abgesehen.

Wir gratulieren. Jedoch ›quousque tandem … ?‹. Wie lange noch?

| 27.5.2013 | •••


29. Mai 2013 ›Geburtstag‹. Nachtrag zu 2025 [ded et al]
[Aus dem Verlauf der Geschichte]

Nachtrag Vorwarnung. Einstimmen. Üben. Der Nächste kommt bestimmt. Ferdinand, Eduard, Gustav, Sigmar, Peer* und der Gang der SPD. Aus der: Kritik des Gothaer Programms, in: MEW 19, S.13—32.

›Die Befreiung der Arbeit muß das Werk der Arbeiterklasse sein, der gegenüber alle andren Klassen nur eine reaktionäre Masse sind.‹

[…] aus den Eingangsworten der internationalen Statuten, aber [von den SPD-Leuchten] ›verbessert‹. Dort heißt es:

›Die Befreiung der Arbeiterklasse muß die Tat der Arbeiter selbst sein.‹

Hier hat dagegen ›die Arbeiterklasse‹ zu befreien – was? ›die Arbeit‹. Begreife, wer kann.
Zum Schadenersatz ist […] die Gegenstrophe Lassallesches Zitat vom reinsten Wasser: ›der (der Arbeiterklasse) gegenüber alle andern Klassen nur eine reaktionäre Masse bilden‹.

So würde Steinbrück sich nicht mehr ausdrücken, falls er 2025 noch mitredet. Es gilt aber immer jeder passende Trick. Wir wissen vorläufig nicht, wer der Rote, der Grüne, der Silberne, der Weiße wirklich ist und wer gewinnt, ob auch diese oder jene Herrin (sic!) mitstreitet und dergleichen Einzelheiten. Doch soviel schon: Wir sind allemal die Knechte, die ein Spiel am laufen halten, bei dem sie nicht gewinnen können.

Aber wir können dieses Spiel beenden.

ps. Unter Arbeiter [generalis für männliche und weibliche Arbeitende] sind diejenigen zu verstehen, die nicht von ihrem Vermögen (von der Arbeit anderer) leben können, sondern selbst für sich und für andere arbeiten müssen. Das ist die Hauptsache, nicht der Zins von Omas Sparbuch. Vgl. dazu Tatort Markt, S.16—17, S.20—21 und Glossar zur Kritik der politischen Ökonomie > Lohnarbeit, > Arbeitslohn, > Arbeit, > Produktion.

*Bei H. Ibsen; Peer, der Verlierer, zu seiner Mama: „Ob Amboß oder Hammer, ’s bleibt daselbichte Gejammer.”

| 29.5.2013 | 27.5.2013 | •••


31. Juli 2013 ›Im Westen nichts Neues‹ [ded et al]
[Debatten in babbelClub]

Probleme des Reformismus I. Unter diesem Titel steht als pdf-Datei eine Durchsicht von Heinz-J. Bontrups ›Lohn und Gewinn‹ auf babbelub.org. Das Autorenkollektiv lädt zur ›Mit‹-Arbeit ein.

Auszug:
» Dazu die ewigen Attribute: ›reproduktive Versorgungs-Arbeit, ›produktive Erwerbs-Arbeit‹, ›Eigen-Arbeit‹, ›Gemeinschafts-Arbeit‹ oder auch bspw. Verdauungs-Arbeit, Schlaf-Arbeit, In-Urlaub-fahren-Arbeit, Geburtstag-feiern-Arbeit, Trauer-Arbeit usf. Alles, wenn überhaupt sinnvoll, zu verschiedenen Kategorien gehörig. Im Endeffekt läuft es darauf hinaus, daß es in der bürgerlichen Welt ›heute‹ – noch – menschliche, individuelle wie auch soziale, Prozesse gibt, die das Kapital sich bisher nicht einverleibt hat, die noch nicht der Warenproduktion, der Produktion mit Lohnarbeit unterworfen sind.«
[…]
»Der hier (bei Bontrup) angehängte Abdruck des Art. 15  GG sagt, was Goethe schon festgehalten hat: ›Dem Staate liegt nur daran, daß der Besitz gewiß und sicher sei; ob man mit Recht besitze, kann ihn weniger kümmern.‹ (Goethe, Dichtung und Wahrheit, München, 1981, S.526). Man kann also ›neues‹ Eigentum erwerben durch Aneignung unbezahlter Arbeit …, unter Voraussetzung des Warentauschs, des Austauschs von Äquivalenten, ohne Lug und Trug, weil die Arbeit mehr Wert bildet, als die Arbeitskraft besitzt. Allerdings war die ›ursprüngliche Akkumulation‹ Enteignung ohne Entschädigung, die nachfolgende Mehrarbeit, das neue Eigentum nur die Konsequenz. Es hat zwar Wert, aber (die Klasse) nichts gekostet. Es kann daher ohne weiteres Bedenken auch entschädigungslos enteignet werden. Ansonsten ist eine ›entschädigte‹ Enteignung keine Enteignung, sondern ein Zwangsverkauf.«‚

Und derlei manches. Die Debatte hat erst vor kurzem begonnen. Hier der link zum babbelclub (Datei).

| 31.7.2013 | •••

 

7. September 2013 ›Wert der Arbeit‹ und die Warenform [ded et al]
[Debatten in babbelClub]

Probleme des Reformismus II. Bontrup ist ›historisch‹ nicht besonders originell. Und der übliche Studiosus eher ein eingebildeter Kranker, braucht halt Scheine. Aber gesund ist er auch nicht. Schwer hat er’s. Schließlich soll doch etwas aus ihm werden. Bloß was? Und wie geht das? Er muß lernen nachzusprechen, ohne sichtbare Zeichen von Demenz. Und wenn die Karriere gelingen soll, muß er selbstverständlich lernen, auch so vorzusprechen. Gelingt wohl nicht immer.

Zum ›Wert der Arbeit‹ – der ›Schwere des Gewichts‹ – heißt es bei Bontrup (a.a.O, s.27):

›Nur dann, wenn Unternehmer und Arbeiter eine „Person” würden, erhielt der Arbeiter nach Smith auch den gesamten Ertrag der eigenen Arbeit. Dazu ist es allerdings notwendig, dass der Arbeiter im Kapitalismus gleichzeitig zum Kapitaleigentümer wird und einen Kapitalvorschuss leistet.‹ [a.a.O. s.27]

Der beschriebene Typus ist der ›Kleinbürger‹, Anwender eigener Arbeitskraft mit eigenen Arbeitsmitteln an eigenen oder fremden Arbeitsgegenständen. Somit keine Trennung des Arbeiters von seinen Arbeitsmitteln und  – evtl.  – von seinem Arbeitsgegenstand. Vor der ursprünglichen Akkumulation die Normalform früher Handwerker, bspw. Schmiede (nota: nicht so in der asiatischen Produktionsweise). Zur Erinnerung: Lohnarbeiter ist der Anwender seiner eigenen (für einen bestimmten Zeitraum teils entgeltlich, teils unentgeltlich  – gegen Arbeitslohn  – überlassenen) Arbeitskraft ausschließlich mit fremden Arbeitsmitteln an fremden Arbeitsgegenständen; der unentgeltliche Teil ist ›erzwungene‹ (Mehr-)Arbeit, versteck in der Form des Zeitlohns, Stücklohns u. ä. Kapitalist ist der Anwender von Lohnarbeit (die gekaufte und bezahlte Arbeitskraft wird über die Zeit zur Produktion eines Äquivalents ihres Wertes angewandt, Arbeit ist ihr Gebrauchswert) an häufig eigenen Arbeitsgegenständen mit eigenen Arbeitsmitteln. Die Personalunion von Arbeiter und Kapitalist (in Bontrups Grafik vom Wert der Arbeit: ›Beschäftigte‹ und ›Unternehmer‹) so skurril wie (Transliteration bC):

›Wenn der Arbeiter, lebendig oder tot zugleich, als dieser einen Vorschuß leistet, den jener schon geleistet hat … wird er an seinem Anfang enden.‹ Falls er einen Doppelcharakter hätte …

GrafikWareBontrup

Eine weitere Grafik [Bontrup] ist ebenso hilflos. Bontrup kann’s aber kaum besser:

›In jeder Ware steckt ein Doppelcharakter, ein qualitativer Gebrauchswert, der durch seine konkrete Nützlichkeit zur Befriedigung von Bedürfnissen bestimmt wird, als auch ein Tauschwert, der das quantitative Verhältnis (Tauschverhältnis) zu anderen Waren definiert. Ein Austausch von Waren findet immer nur dann statt, wenn die ausgetauschten Waren für die Tauschpartner jeweils einen Gebrauchswert haben.

Also unmittelbarer Tauschhandel (barter), Kuh gegen Oliven, Sandalen gegen Polster etc.? Kein ›Geld‹? Vergleiche zu Tauschwert: Auszug Warenanalyse (html, ZdS); zu Geld: Geld—Ware—Geldware (pdf, bC).

Nur Arbeit ist  – wie bei den klassischen Ökonomen  – […] in der Lage Werte zu schaffen. Ist keine menschliche Arbeit in eine Ware eingeflossen, ist sie gemäß Arbeitswerttheorie auch keine Ware. Luft, unbearbeiteter Boden, wildwachsendes Holz stiften zwar einen Nutzen  – im Fall der Luft sogar einen lebensnotwendigen Nutzen  –, sie sind aber weder Ware noch haben sie einen Wert.

Allerdings bspw. Grundrente und Bodenpreis; etwas kann einen Preis haben, obwohl es keinen Wert hat, kein Arbeitsprodukt ist; vgl. MEW 25, s.647ff, s.653—s.755; auszugsweise in: Glossar, edition babbelClub  7, s.106—s.117]. Der Wert ist den Waren daher nicht von vornherein immanent. [Vor allem, wenn sie keine sind, nämlich die nützlichen Naturdinge und Arbeitsprodukte für den Selbstbedarf. Sonst schon. ›Alle Europäer (Waren) sind Menschen (Arbeitsprodukte), aber nicht alle Menschen (Arbeitsprodukte) sind Europäer (Waren)‹. 

Waren werden immer für den Austausch produziert. Für den Austausch erzeugte Arbeitsprodukte sind Waren.
[Nachstehende Grafik vom Kollektiv babbelClub]

D2-Ware.png

| 7.9.2013 | •••


12. September 2013 ›Wert der Arbeit‹ und die vier Musiker des Pierre Rimbert [ded]
[Kommentar zum Artikel in Le Monde diplomatique, Juli 2013]

Wie produktiv ist ein Streichquarett?
Dienstleistungen, Roboter und der Wert der Arbeit
Pierre Rimbert in: Le Monde diplomatique, Juli 2013, S.3
Im Untertitel das begriffslose ›
Wert der Arbeit‹, die übliche ›Schwere des Gewichts‹ (vgl. oben ›Probleme des Reformismus II‹.

›Um ein Mozart-Quartett aufzuführen, war im Jahr 1785 am Hofe Josephs in Wien die gleiche Menge an Arbeit notwendig wie zwei Jahrhunderte später in der New Yorker Carnegie Hall. Mit anderen Worten: Die Produktivität im Bereich der Kammermusik stagniert. In der verarbeitenden Industrie steigt sie jedoch, was zur Konsequenz hat, dass die relativen Kosten künstlerischer Darbietungen voraussehbar steigen.‹

Der Äuivalentwert zweier Waren ändert sich, wenn zumindest ein Warenwert sich ändert oder beide in ungleichem Verhältnis. Das ist in der Tat voraussehbar.

›Am Hofe‹ wird aber gegen Revenue getauscht, nicht gegen Kapital. Am Hofe spielt die Musik ohne Mehrwert. Die Arbeit ist – kapitalistisch betrachtet – also unproduktiv. Davon abgesehen (sobald sich die kapitalistische Produktionsweise auf die Musikproduktion ausgeweitet hat), auch wenn ein gleiches Konzert bei der Aufführung gleich lang dauert, ist dadurch nicht ausgesagt, daß die ›Musiker‹ gleich viel kosten, das Hilfspersonal, die Konzerthalle, die Beleuchtung, die Klimatisierung und was sonst alles zu einem Konzert gehört. Der Gesamtaufwand an ›Infrastruktur‹, Proben, Reisen und dergleichen kann sich auf eine oder auf mehrere Aufführungen verteilen usw. Das Konzert, die gleich lang dauernde einzelne Aufführung, ist also nur die Spitze des Eisberges, aber einer für jedes einzelne Paar einsitzender Ohren. Der Konzertsaal kann größer oder kleiner sein, es hören entsprechend mehr oder weniger Leute zu. Bei nahezu demselben Aufwand nimmt quasi die ›Produktmasse‹, ›die für alle Besucher zu hörende Konzertzeit‹, mit ihrer Zahl, das ist die Zahl der verkauften Billets, entweder zu oder ab usf. Etwas alltäglicher ausgedrückt, die gleichen Kosten verteilen sich auf eine unterschiedliche Zahl von Käufern oder Güter (Rechte).

Dabei spielt aber kein Musiker schneller oder langsamer. Deswegen operiert kein Chirurg schneller oder langsamer usw. Und es ist klar, daß wenn die Arbeit keinen Wert hat, sondern wertbildend ist, ihr relativer Anteil am Wert des Gesamtprodukts historisch gegeben (durch die stoffliche Verschiedenheit der Arbeitsprodukte) sich unterschiedlich entwickelt. Das macht auch Sinn. Nachrichten vermittelst elektrischer Signale zu befördern spart Arbeit(skraft), ohne den Gebrauchswert zu mindern. Ähnlich verhält es sich mit dem Transport von Waren und Passagieren. Unterschiedlicher Komfort der Reisenden ist unterschiedlicher Gebrauchswert ebenso wie bessere Verpackung, die zu geringeren Transportausfällen und ggf. verkürzter Transportzeit führt (Container). Transport, Ortsveränderung ist also ein bestimmter Gebrauchswert, der unter unterschiedlichem Einsatz von Arbeit (wertbildend) und Kapital (Wert) erzeugt wird, durch Anwendung von unterschiedlicher Arbeitskraft (produktbildend, je nach Qualifikation der Beteiligten) mit unterschiedlichen Arbeitsmitteln an unterschiedlichen Arbeitsgegenständen überhaupt.

Was also den Ausschlag gibt ist das Vordringen des Kapitals in Lebensbereiche, in die es bislang noch nicht vorgedrungen war, anders gesagt, soweit ein Bereich bisher bspw. ›von der öffentlichen Hand‹ betrieben, der Übergang von der Gebühr (Kostenersatz, Ersatz des Kostpreises) zum Marktpreis (Produktionspreise, Kostpreis plus Durchschnittsprofit). Begleitet wird dieser Übergang, nämlich das Vordringen des Kapitals, stets in überdurchnittlichem Ausmaß von allen mehr oder minder bekannten Tricksereien, Schiebereien, legalen und illegalen Vorteilsnahmen, wie sie jeder aus der täglichen Erfahrung kennt. Dazu gehört auch der ganz plumpe Betrug, der in letzter Zeit (etwa seit Einführung der ›Pflegeversicherung‹) bei der menschenverachtenden Altenbetreuung Schlagzeilen gemacht hat. Bei den Alten geht’s halt am besten. Da weiß man schon, die werden ›produktiv‹ sonst nichts mehr nützen.

Es liegt nicht an der Steigerung der Produktivkraft der Arbeit, daß vieles schiefläuft. Im Gegenteil. Das entscheidende Übel der kapitalistischen Produktion ist nicht die Verminderung des Arbeitsaufwandes, sondern ihr Ziel, die Produktion von Kapital: das ist die Produktion von Mehrwert (kurz die Bereicherung), bei der die (Produktion von) Gebrauchswerte – im gängigen Jargon Güter und Dienstleistungen, letztere ein ohnehin suspektes Konglomerat oft undurchsichtiger, sogar nach den bestehenden Gesetze häufig krimineller Machenschaften – bloß ein notwendiges Übel sind, Trittbrett für’s Absahnen.

Damit ist auch einmal gesagt, was unter Sahne, einem Derivat der Milch, zu verstehen ist.

Die in letzter Konsequenz Verringerung des Arbeitsaufwandes für die Lebensmittel der Lohnarbeiter ›entlastet‹ nicht den Arbeiter (mehr freie Zeit hat der in der Hauptsache als Arbeitsloser), sondern das Kapital (größere Profitmasse, höhere Gewinne bei dennoch tendenziell fallender Profitrate, worüber schon Ricardo besorgt gewesen ist).

Einen Kaiser ›kostet‹ das Konzert nur 5/7 seines ›Wertes‹ von 720 GE (514 GE), weil er keine Äquivalente tauscht. Die Mehrarbeit wird nicht Mehrwert, sondern Gratisdienst. Zu einigen Details anhängendes .png/.pdf (für .pdf auf das Bild klicken).

Streichquartett

| 12.9.2013 | •••


25. September 2013 ›Gebrauchswert der Arbeit‹ und ›Tauschwert der Arbeit‹ [ded et al]
[Debatten in babbelClub]

Probleme des Reformismus III. Das babbelClub-Kollektiv schafft sich so voran. Mühsam. Langsam. Das liegt nicht nur an der Verfassung des Kollektivs, sondern vor allem an dem wirren Durcheinander von Halbgarem, Verworrenen und Halbwahrem in der Quelle, Bontrups ›Lohn und Gewinn‹. Nach dem oben bereits erwähnten warenbildenden Doppel von ›quantitativem Tauschwert‹ und ›qualitativem Gebrauchswert‹, den Charaktereigenschaften der Ware, folgt einige Seiten später die Feststellung, daß sich ›der Widerspruch zwischen Tauschwert und Gebrauchswert der Ware Arbeitskraft […] hinter der Entstehung des Mehrwerts in der Produktionssphäre und dessen Aneignung durch das Kapital in der Zirkulationssphäre verbirgt‹ und ›der Mehrwert […] daraus entspringt, dass der Gebrauchswert der Arbeitskraft größer ist als der Wert der Arbeitskraft selber; der Gebrauchswert demnach größer ist als der Tauschwert.

Die (Lohn-)Arbeit ist wertbildend – (und produktbildend, ihr Produkt Ware, Gebrauchswert für andere und Tauschwert für ihren Eigentümer). ›Arbeit‹ ist die Anwendung der Arbeitskraft. Die Arbeitskraft ist eine besondere Ware, nur sie, nur ihre Anwendung ist wertbildend, wohingegen auch die anderen Waren, an und mit denen die Arbeitskraft angewendet wird, zur Produktbildung und zum Wertprodukt beitragen. Die Produktion der Ware Arbeitskraft erfordert eine bestimmte, historisch-geografisch schwankende Menge Arbeit: Arbeitszeit, gemessen in Stunden (auch zusammengefaßt als Monat, Jahr usf.). Die Anwendung der Arbeitskraft kann über die Zeit hinaus dauern, die zu ihrer eigenen Produktion und Reproduktion erforderlich ist. Die Arbeit während dieses Zeitabschnitts heißt Mehrarbeit.

Das Produkt des Arbeitsprozesses ist unmittelbar Eigentum dessen, dessen (Privat-)Eigentum die Elemente des Produktionsprozesses sind, der die Ingredienzien des Prozesses sich bereits zuvor angeeignet hat. Für ihre Verkäufer waren diese Elemente Waren, für ihren Käufer sind sie Gebrauchswert, Elemente des von ihm betriebenen Produktions- und Verwertungsprozesses, als dessen Ergebnis, dem Produkt, er sowohl den Wert der eingesetzten Gebrauchswerte als auch den Mehrwert, zunächst in Warenform, erhält. Um den Prozeß von neuem zu starten, müssen die verbrauchten Elemente ersetzt werden. Diese befinden sich als Waren – sachlich von ihren Produktionselementen verschiedene materielle und immaterielle Gegenstände – käuflich auf dem Markt. Um sie kaufen zu können muß das Produkt, eine bestimmte besondere Ware, zuvor verkauft, in die allgemeine Ware verwandelt werden, in Geld.

Eine allgemeine Bedingung der Erzeugung von Mehrwert ist die Fähigkeit der Arbeitskraft, mehr Wert zu bilden, als sie selber hat. Dies ist abhängig von der Produktivkraft der Arbeit und der Zeitdauer ihrer Anwendung. Kapitalistische Produktionsweise – gesellschaftliche Produktion bei privater Aneignung – vorausgesetzt.

Zu weiteren Momenten von Warenproduktion, Lohnarbeit und Entfremdung siehe in ›Probleme des Reformismus 1‹, Einschub. Exkurs zu ›Entfremdung‹, s.28.

Gebrauchswert

Diagramm in: Bontrup, Lohn und Gewinn, s.43
Gebrauchswert der Arbeit = Gebrauchswert des Gebrauchswerts der Arbeitskraft

Von den Geschäftsführungskosten (›Unternehmerlohn‹) entlastet, erscheint der Profit als Kapitalzins des besonderen Kapitals pro rata (bspw. für eine Aktie von 100 GE gibt es 8 GE Dividende). Für das ›Kapital‹ ist es unerheblich, wem es ›gehört‹. Der Zins für Leihkapital, wie er auf dem Geldmarkt im Zinsfuß und unabhängig von irgendeinem besonderen Leiher ›festgestellt‹ wird, ist Teil des Profits (Gewinn). Der Geldmarktzins – neben anderen, teils spekulativen Einflüssen – wirkt dann auf den Kurs der Aktie in der Weise, daß ihr Kurs sich als kapitalisierter Ertrag darstellt. Bei einem Zinsfuß (Geldmarkt) von 4% ist der Kurs einer Aktie, die 8 GE abwirft, 200 GE; 200 GE zu 4% bringen 8 GE; fällt der Zinsfuß auf 2%, steigt der Kurs auf 400 GE usf. Deshalb steigen die Aktienkurse, wenn die FED ›niedrigzinst‹.

Leihkapital muß, anders als (Eigen-)Kapital zu einem bestimmten Termin zum Nennwert zurückgezahlt werden, bleibt also immer Eigentum des Verleihers. Das in Aktien angelegte Geld hat weder einen festen Zins, noch einen Rückzahlungsanspruch zu einem bestimmten Termin. Die Aktie kann nur verkauft werden, in Geld verwandelt, wenn sich ein Käufer findet.

Im Verwertungsprozeß handelt es sich also immer um G—G(+). G—G ist keine Besonderheit des als Kredit erscheinenden Leihkapitals. Zins (für Leihkapital) und Grundrente sind Teile des Profits (Gewinn), einer verwandelten Form des Mehrwerts.

Nachtrag. Wenn man für die erste Ausdrucksweise, die noch ›Gebrauchswert der Arbeitskraft‹ statt des irrationalen ›Gebrauchswert der Arbeit‹ verwendet, und den Gebrauchswert der Arbeitskraft als ihre Fähigkeit versteht Mehrarbeit zu verrichten, Mehrwert zu produzieren – und nichts anderes ist der Gebrauchswert der Arbeitskraft für ihren Käufer  –, wird es nicht besser. Denn dann entspringt der Mehrwert daraus, daß der Mehrwert größer ist als der Wert der Arbeitskraft.

| 25.9.2013 | •••


 

11. Oktober 2013 ›Am Anfang war der Mensch‹ und ›Woher stammt das Privateigentum?‹ [ded et al]
[Debatten in babbelClub]

Zur Geschichte der Menscheit und was den Unterschied ausmacht zum Tier ›Mensch‹ und den anderen Tieren wurde und wird manches Mysterium konstruiert, nicht ohne Absichten. Und obwohl der Mensch schon immer war, wie er ist, ist er stets anders. Wie es eben gerade paßt. Zum allgemeinen Gang der ›Natur‹ – anorganisch, organisch, gesellschaftlich – gibt es bereits im ›Glossar zur politischen Ökonomie‹ drei Grafiken (Diagramm 19, 20, 21).

Zu den Schwierigkeiten – Entäußerung versus Entfremdung? – findet sich in den Debatten um ›Lohn und Gewinn‹ ein illustriertes Zitat aus den ›Philosophisch-ökonomischen Manuskripten‹ (dem interessierten Publikum zur Erinnerung), das wir hier wiedergeben. Es scheint an der Zeit: Hallo Wien auf English zu lesen.

Sonst soll man denken dürfen, was man will, in der üblichen zweckmäßigen Zurückhaltung.

Opportunistisch?

[Never forget die drei Volksprinzipien – oder wie es in der Bibel heißt: ›The dog that liveth is better than the lion that is dead‹]

Das Zitat. ›Wird der Arbeitsprozeß ganz abstrakt betrachtet, so kann gesagt werden, daß ursprünglich nur zwei Faktoren ins Spiel kommen  – der Mensch und die Natur. (Arbeit und Naturstoff der Arbeit.) Seine ersten Werkzeuge sind seine eignen Glieder, die er sich jedoch erst selbst aneignen muß. Erst mit dem ersten Produkt, das zur Neuproduktion verwandt wird  – sei es auch nur ein Stein, der nach einem Tier geworfen wird, um es zu töten  –, beginnt der eigentliche Arbeitsprozeß. Eins der ersten Werkzeuge, das der Mensch sich aneignet, ist das Tier (Haustier). (Sieh hierüber die Stelle in Turgot). Sofern, von dem Arbeitsstandpunkt aus, erklärt Franklin den Menschen richtig als „a tool-making animal” oder „engineer”. So wären Erde und Arbeit die Urfaktoren der Produktion; die zur Arbeit bestimmten Produkte, produziertes Arbeitsmaterial, Arbeitsmittel, Lebensmittel – nur ein abgeleiteter Faktor.‹ (MEW 43, s.92). Und: ›… Diese Zerlegung der Produktion in die Faktoren  – Mensch, als Träger der Arbeit – und Erde (eigentlich Natur) als Gegenstand derselben, ist indes auch ganz abstrakt. Denn der Mensch tritt nicht als Arbeiter, sondern als Eigentümer der Natur ursprünglich gegenüber, und es ist nicht der Mensch, qua einzelnes Individuum, sondern, sobald einigermaßen von menschlichem Dasein desselben zu sprechen, Stammensch, Hordenmensch, Familienmensch usw.‹ (MEW 43, s.93)

Und überhaupt. Auch die Grafik. Halloween. Oder doch Österreich?

Werkzeug Mensch

| 11.10.2013 | •••


26. November 2013 Heute sind ›Dilettantismus‹ und ›Individualismus‹ Merkmale des Reformismus. [ded et al]
[Beitrag zur Tagesordnung. Debatten in babbelClub]

Zum Verständnis der ›Ausdrücke‹ ein Beispiel frei nach Goethe. Oder wie man mit sich selbst beschäftigt den Sack meint, den Esel drischt und sich selber dabei in den Absatz beißt.

Die Idee dazu soll am Rande einiger Debatten um das ›bedingungslose Grundeinkommen‹ aufgekommen sein, allein schon, weil ›bedingungslos‹ und ›Grund‹-Einkommen‹ irgendwie nicht recht zusammenpassen wollen. Der ›Grund‹ sei doch schon eine Bedingung. Dies bedeute nicht, so die vom babbelClub, daß an den Verfahren zur Vermarktung der Arbeitskraft nichts zu kritisieren wäre, ganz im Gegenteil, wenngleich eine Kritik der oberflächlichen Erscheinungen, und sei es die vermeintlich allerbeste, zu gar ›Nichts‹ führt und eben auch zu garnichts taugt.

Da hilft kein Weh und hilft kein Ach. Wenn gefordert würde und ›von höchster Stelle‹ beschlossen, es solle – zukünftig von Gesetzes wegen – von unten nach oben regnen, würden das gutgläubige Unbehagen beim nächsten großen Regen gerade so jämmerlich ersaufen wie die, die nicht verstehen, daß es unter Wasser mit Lungen nicht allzulange auszuhalten ist.

Wie gut, daß Lohnarbeit keine natürliche Angelegenheit ist. (Es ist eine geschichtliche etc. pp.)
Sonst soll man denken dürfen, was man will, in der üblichen zweckmäßigen Zurückhaltung.

Dilettantismus

Zum Herunterladen der pdf-Datei auf das Bild klicken oder hier.

| 26.11.2013 | •••